Der letzte Stadthack Kiel ist schon zwei Jahre her, deswegen wurde es mal wieder Zeit für einen ordentlichen Hackathon. Am Wochenende war es soweit: Toppoint und opencampus.sh hatten zum KreativHack eingeladen und 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung gefolgt.
Ich konnte zum Start am Freitag leider nicht dabei sein, aber ganz verpassen wollte ich den Termin auch nicht und so machte ich mich am Sonnabend Nachmittag auf den Weg zum Wissenschaftspark.
Novembergrau und leer liegt das Büroviertel da. So richtig etwas los, scheint hier nicht zu sein. Der Wind pfeift um die Ecke. Der ausgedruckte Zettel an der Tür der starterkitchen weist auf den KreativHack hin.
Drinnen hängen Retro-Glühbirnen von der Decke und verströmen ein warmes Licht. Aus dem hinteren Raum kommt Gebrabbel. Hier sitzen in Grüppchen verteilt 20- bis 40-jährige Männer und Frauen. Sie diskutieren, schauen auf ihre Laptops oder schreiben Notizen. Es gibt Kaffee, Limonade und allerlei Nervennahrung.
Ich setze mich zu Katja und Peter. Sie erklären mir ihr Projekt: Die Landesverwaltung stellt verschiedene Daten zu Bodenbeschaffenheit, Wind und Gewässerströmung bereit. Daraus wollen Sie eine Art „Pokemon Go“ für Schleswig-Holstein bauen. Vermutlich reicht die Zeit nicht, aber ein gutes Konzept könnte bis zum Abend stehen. Das Hauptproblem ist, dass ihr Entwickler noch nicht wieder aufgetaucht ist.
Am Freitag um 16 Uhr hatten sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Wissenschaftszentrum getroffen. Es gab eine Begrüßung durch den Chef der Staatskanzlei Thomas Losse-Müller und eine Einführung durch Landes-CIO Sven Thomsen. Die Landesregierung stellt schon länger Verwaltungsdaten im Internet zur Verfügung. Bislang aber nicht zentralisiert und zu wenig Menschen kennen das Angebot. Der KreativHack sollte das ändern.
Nach der Begrüßung hatten einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Projekte vorgestellt und sich in Gruppen mit den anderen zusammengetan. Danach ging es los. Bis Sonnabend 18 Uhr haben sie jetzt Zeit, ihre Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen. Rund 24 Stunden – danach sollen die Ergebnisse präsentiert werden.
Vorne in der starterkitchen.de sitzen Tobi und Philipp aus Flensburg zusammen mit Patrick aus Kiel. Sie legen das „Kreativ“ in „KreativHack“ kreativ aus, denn bei ihnen geht es vor allem ums Aussehen. Sie haben sich eine Software genommen, die Daten grafisch aufbereitet. Die offenen Daten der Landesverwaltungen sehen dadurch vor allem interessant aus. Ihre Idee: Visualisierungen von Daten erstellen, die auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen sind. Die wollen sie als Postkarten drucken und erst auf der Rückseite aufklären, was dort zu sehen ist.
Philipp und Tobi haben die Nacht durchgemacht – Das ist keine Bedingung von Hackathons, kann man aber machen, wenn denn Spaß dran hat.
Durch die Kälte gehe ich hinüber in die Räume der Toppoint. Der Hackerspace hat es sich in den letzten Monaten im Souterrain des Neufeld-Hauses gemütlich gemacht. Mir ist warm, ich muss erst einmal die Jacke ausziehen.
Auf den dicken, ausgemusterten Sofas im Vorraum sitzt ein Team und brütet über dem Ratsinformationssystem der Stadt Kiel. Hier finden die Abgeordneten der Ratsversammlung ihre Dokumente für die politische Entscheidungen. Und vermutlich nur sie. Selbst wenn ich wusste, wann welches Thema in der Ratsversammlung besprochen wurde, ist es mir schon mehrfach nicht gelungen, die dazugehörigen Texte zu finden.
Daniel und seine Team-Kollegin wollen das ändern. Sie wollen das System von einer eigene Software durchsuchen lassen und es möglich machen, dass man über neue Dokumente mit bestimmten Stichworten per E-Mail informieren lassen kann. So könnte man erfahren, wenn etwas in der eigenen Straße oder im eigenen Stadtteil geplant wird.
„Wir haben festgestellt, dass das in Dresden schon einmal jemand gemacht hat,“ erklärt Daniel. Es gibt also noch mehr Menschen mit den gleichen Problemen. „Wir mussten also nur diese Software installieren.“ Das machen sie jetzt seit gestern Abend und es funktioniert immer noch nicht. Daniel ist im halb 5 Uhr morgens nach Hause gegangen und jetzt gegen Mittag wieder da.
Nebenan führt der Toppoint-Vorsitzende Frank Bartels die Pixel-Matrix vor. Er gießt Pixel aus einer Lichtmatrix in einen Topf und dann wieder aus dem Topf in die Lichtmatrik. Das ist kein Projekt von heute – Frank hatte mit der Organisation genug zu tun, sagt er. Termine, Räume, Getränke, Sponsoren – all das musste das Team unter einen Hut bringen. Die Namensschilder war erst im letzten Moment da. Aber sie sind da – was will man mehr?
Weiter hinten hat eine Gruppe gerade das Holzmodell einer Kreuzung zugesägt und eine Straßenoberfläche aufgespürt. Zwei aus der Gruppe basteln an dem Prototypen einer elektronischen Schaltung, die es möglich machen soll, Verkehrsteilnehmer auf ein nahendes Blaulicht-Fahrzeug hinzuweisen.
Abends stellen acht Teams ihre Projekte im Wissenschaftszentrum vor. Wieder dabei ist Landes-CIO Sven Thomsen. Neben den Gruppen, mit denen ich gesprochen habe, gibt es noch ein Projekt, in dem ein grobes 3D-Modell von Kiel erstellt worden ist. Es gab bisher die Kartendaten – die hat das Team mit den Gebäudegrundrissen und den Geschosshöhen zusammengeführt. Dachschrägen gibt es nicht. Aber für ein paar Stunden Arbeit kann man schon erkennen, dass das Kiel sein soll. Ein Team hat sich mit Energiedaten beschäftigt. Eines hat eine Fahrradkarte für Kiel erstellt.
Ich bin dann aber schon wieder zu Hause. Ich wollte die Leute nicht weiter von ihrer Arbeit abhalten, die ihnen offensichtlich Spaß gemacht hat. Während drinnen gewerkelt wird, ist es draußen kalt und trostlos. Beim nächsten Hackathon will ich wieder selbst mitmachen. Ich hätte sogar ein Projekt gehabt. Ich hätte mich mit der Visualisierung von Wahlergebnissen beschäftigt. Da komm ich sonst nicht zu. Und für genau solche Projekte ist so ein Hackathon gedacht: Ein Wochenende lang mal neue Technologien ausprobieren. Dafür hat man sonst oft keine Zeit.
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